Meister engagieren sich für ein Meisterwerk
Einen beeindruckenden Rundgang über die Cavazzen-Baustelle konnten im Mai 21 Winfried Hamann, Vorsitzender des Cavazzen-Vereins, und sein Stellvertreter Werner Berschneider wahrnehmen. Zuerst wurden sie von Bauleiter Florian Weber ins Untergeschoß geführt, wo die statische Ertüchtigung der tragenden Wände und der Säulen abgeschlossen ist. Der barrierefreie Zugang über den Aufzug wurde gut in die historische Bausubstanz integriert.
Schon heute ahnt man das ansprechende Ambiente für Gastronomie und Veranstaltungen, wandelt auf alten Sandsteinböden und genießt das historische Gewölbe. Dies wird gewiss ein Ort für inspirierende Begegnungen.
Vom Marktplatz her erkennt man die überaus durchdachte Gerüst-Konstruktion. Bevor das Gerüst geplant und aufgebaut werden konnte, flog eine Drohne um das Gebäude und erstellte ein 3-D-Modell. Mit diesem Meisterwerk an Gerüst können nun die schmuckvolle Fassade und das Dach restauriert werden – und es bietet ausgeklügelte Wege für Materialzu- und abfuhr.
Im Erdgeschoß führt der barrierefreie Zugang von der Cramergasse her in den Raum, der das Stadtmodell zeigen wird. Die weiteren Zugänge und die Räume für Kasse, Shop, Garderobe und Café kann man bereits gut erkennen.
Im ersten OG, das die Dauerausstellung und die Museumspädagogik aufnehmen wird, bewundern wir die Sorgfalt, mit der die Anforderungen des Denkmalschutzes, die Barrierefreiheit, der Brandschutz und die erforderliche moderne Technik in Einklang gebracht werden. An allen Türen markieren Stifte die geplante Höhe der Schwellen. Die Füllung der Fehlböden wird teilweise belassen, teilweise herausgenommen und nach historischen Fundstücken durchsucht.
Die barocken Stein- und Parkett-Böden wurden sorgfältig ausgebaut und möglichst ortsnah gelagert, damit sie in gewohnter Temperatur und Luftfeuchte verbleiben. Besondere Aufmerksamkeit bekommen die Stuckdecken: Sehr behutsam werden sie gestützt, bevor statische Veränderungen oder neue Lastverteilungen eintreten.
Nun nähern wir uns dem Dachtragwerk, einer Meisterleistung barocker Baukunst. Das geschwungene Mansarddach, das Jakob Grubenmann mit seiner Baumannschaft hier im 18. Jahrhundert erbaut hat, verdient unsere Bewunderung. Leider haben Fäulnis – insbesondere an den Taupunkten – weitere Beschädigungen durch Nässe und Trockenfäule den Hölzern zugesetzt. Nur die geschädigten Teile werden durch neue Hölzer ersetzt; alte Bausubstanz bleibt erhalten.
Hier soll auch auf die Leistung der heute tätigen Handwerker eingegangen werden. Beim Rundgang ist der hohe Respekt der Handwerker für die Leistung ihrer Vorgänger spürbar. Mit großer Sorgfalt bauen sie Teile aus, reparieren sie und bringen sie an die Ursprungsstelle zurück. Sie bauen Arbeitsplattformen, um auch in verwinkelten Ecken und in der Höhe professionell arbeiten zu können. Sie stimmen sich zwischen den unterschiedlichen Gewerken vorbildlich ab und gewährleisten damit einen möglichst reibungslosen Ablauf. Keine leichte Aufgabe in einem Baudenkmal, das häufig Überraschungen bereithält.
Das Fazit von Hamann und Berschneider ist: Hier arbeiten Bauleiter, Architekten und Handwerker meisterlich zusammen, um dem Baudenkmal und den Meistern der Barockzeit gerecht zu werden und für Lindau ein außergewöhnliches Museum zu ermöglichen.